Üse Buurehof - und danach?

06.08.2017 00:00

Morgen Abend ist es wieder soweit. Ich freue mich schon auf eine weitere Folge der Sommerdoku „Üse Buurehof“ im Schweizer Fernsehen. Worum geht es? Wie bereits in den beiden vorangehenden Staffeln „Üsi Badi“ und „Üse Zoo“ verbringen sechs Menschen mit einer geistigen Behinderung ihren Sommer in einer Badi, in einem Zoo oder - wie dieses Jahr - auf einem Bauernhof. Dort leben und arbeiten sie unter Anleitung und Betreuung. Drei von ihnen sind seit der ersten Staffel mit dabei und haben tatsächlich bereits eine gewisse Bekanntheit erlangt.

 

Das Ganze wird filmisch begleitet. Jeden Montag erfahren wir, wie die letzte Woche der sechs verlaufen ist. Welche Freuden wurden erlebt, welche Aufgaben gemeistert, welche Krisen überstanden, welche Differenzen bereinigt…? Dabei geht es sehr emotional zu und her. Die Bauernfamilie hat immer abwechslungsreiche Arbeiten für die sechs Gäste bereit und pflegt einen wirklich schönen Umgang mit ihnen. Manch (vermeintliche) Grenze konnte durch liebevolle Motivation des Bauern und der Bäuerin nach oben verschoben werden. Es ist förmlich zu spüren, wie das eine oder andere Selbstbewusstsein durch das Zusammenleben auf dem Bauernhof gestärkt werden konnte. Soweit so gut. Ein tolles Projekt. Doch braucht es dazu die Öffentlichkeit? Ist es wirklich in Ordnung, diese Menschen zu filmen, ihre Gefühle, Probleme, Freuden und Frustrationen so darzustellen? Gibt es eine andere Absicht für die Doku als reine Unterhaltung?

 

In jeder Folge beschleicht mich irgendwie ein ungutes Gefühl. Ich komme nicht los von dem Gedanken, dass ich mich auf Kosten von Menschen mit einer Behinderung unterhalte. Und die Unterhaltung ist gut! Als Zuschauerin kann ich lachen, mitfiebern, und immer wieder den „Jöö-Effekt“ erleben… denn Emotionen gibt es genug und zudem stark, ungefiltert und echt. Oft wird mir dabei ein Lacher entlockt, obwohl es diesen Menschen in ihren Reaktionen total ernst und gar nicht ums Lachen ist. Ich merke, dass ich nicht mit ihnen, sondern über sie lache.

 

Soll „Üse Buurehof“ etwa ein Beitrag für ein besseres Verständnis für Menschen mit einer Behinderung sein oder gar für eine bessere Integration? Für die einzelnen Teilnehmer und Teilnehmerinnen vielleicht, beim Publikum bin ich skeptisch. Die sechs Menschen profitieren vielleicht davon, dass sie ihre Fähigkeiten stärken, welche sie dann wiederum in ihrem meistens geschützten Umfeld einbringen können. Das ginge allerdings auch ohne Kamera.

 

Was ist mit der Integration? Die Serie läuft seit sieben Jahren. Ich persönlich habe seither noch nirgends, sei es in Geschäften, Restaurants oder Bauernhöfen mehr Menschen mit einer geistigen Behinderung arbeiten sehen. Die Doku schauen wir allemal gerne, aber nachher tauchen die Menschen wieder ab in ihren geschützten Rahmen und verschwinden grösstenteils aus unserem Leben.

 

Was macht die Faszination von „Üse Buurehof“ aus?

 

Kontakt

Sarganserland aktuell - Blick über den Tellerrand sandra.buesser@catv.rol.ch